Besinnlich
„Besinnliches“
Durch eine schwere Erkrankung im Familien/Freundeskreis habe ich mich in den letzten Wochen genauer mit der Lungenkrankheit COPD auseinandergesetzt und habe auch viel zu Roland Kaiser gelesen. Ich kannte ihn als Schlagersänger seit meiner Jugend, die Abende als Kind vor der Hitparade gehören zu schönen Erinnerungen. Schlager war nie meine Musik, als Jugendliche habe ich mich lustig gemacht über die, die Schlager hörten.
Ich bin toleranter geworden und immer wieder bin ich erstaunt auf Feiern festzustellen, wieviel Schlager – Liedtexte ich durch meine Kindheit auswendig kann. Die Lieder von Roland Kaiser gehören dazu.
Ich habe einiges gelesen über ihn, Interviews gehört, weiß, dass er durch eine Lungentransplantation ein neues Leben geschenkt bekommen hat , bis heute auf der Bühne steht , ein politischer Mensch ist- SPD Mitglied, in Berlin großgeworden, inzwischen im Münsterland beheimatet und in Ostdeutschland beliebt.
Die Kaisermania in Dresden sind seine bekanntesten Konzerte. Dresden ist nicht nur eine wunderschöne Stadt mit wiederaufgebauter Frauenkirche und hoffentlich renovierter Brücke über die Elbe. Dresden steht auch für das erste Lautwerden rechtsnationaler Parolen auf den Pegida Spaziergängen. Roland Kaiser hat dagegen damals Position bezogen, gegen rechts und die Verrohung unserer Diskurse- er tut es bis heute. Ruhig, ohne Bitterkeit; mit der Zuversicht, von der er auch singt: „Schrei mich bitte nicht so an. Will dir begegnen und dir zuhör`n. Das alles brauchst du nicht. Ich borge dir ein Licht und meine Zuversicht. Unsre Welt ist kostbar, jeder Mensch ist gut. In jedem wohnt die Liebe, hinter all der Wut. Lass uns aufeinander zugeh´n. Komm, wir fangen an.“
Das ist leichter gesungen als gelebt angesichts der sich immer schneller drehenden furchtbaren Gewaltspiralen in der Welt und auch in der aufgeheizten Stimmung des Wahlkampfs ist Abgrenzung gefragter als Gespräch.
Der Psychologe Marshall B.Rosenberg hat in der von ihm entwickelten „Gewaltfreien Kommunikation“ eine Gesprächsführung gezeigt die Abgrenzung, Fremdheit und Wut überwinden hilft durch wirkliches Interesse am Gegenüber. Jesus konnte selbstverständlich das, was wir mühsam und mit Hilfsmitteln lernen müssen: zuhören, ernstnehmen, dadurch verändern und befreien.
Die Kommunalwahl steht bevor und sie macht uns die große Politik anfassbar klein in unserer Stadt.
Wir leben als sehr unterschiedliche Menschen hier und der Rechtsruck unseres Landes zeigt sich auch in Selm. Als ich hierher kam vor über 3 Jahren sagte mir ein Selmer auf dem Fussballplatz: „Wir sind hier eine gastfreundliche Stadt.“ Ich erinnere vor dieser Wahl bewusst daran und dass uns Christ:innen die Zuversicht eigen ist ohne Angst und Abgrenzung in dieser Welt zu sein. „Denn Gott hat uns nicht gegeben einen Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“(2. Timotheus 1,7).
(Pfarrerin Katrin Hirschberg-Sonnemann)